Der Kern des naturalistischen Fehlschlusses ist die Annahme, bloß weil etwas historisch-zufällig jetzt so ist, müsste das auf ewig so bleiben und auch richtig sein.
Darüber hinaus ist bei solchen Begriffen wie »Thai-Küche« oder gar »Chinesische Küche« der Denkfehler vorgegeben: Um welchen Landesteil oder welche Provinz geht es? China erstreckt sich 7 Flugstunden in der Breite und 4 in der Höhe; da wird nicht überall gleich stilistisch gekocht.
Sushi ist vermutlich ein treffliches Beispiel, dass aus der Not geboren wurde, aus den immer selben, wenigen Zutaten einer abgeriegelten Insel mit wenig ebener Fläche für Ackerbau und Viehzucht, eine breitere Palette von Speisen zu zaubern. Unterliegt die Zusammenstellung von Sättigungsbeilage in salzig-mineralischer Algenhülle nicht mehr der Beschränkung weiterer dezenter Zutaten, wäre es eine Beleidigung der menschlichen Kreativität, wenn hier nicht eine explosive Geschmackvielfalt entstehen würde. Eine Vielfalt, die möglicherweise auch wieder durch Marktbereinigung und gustatorische Selektion zu einer überschaubaren Bandbreite zusammen schrumpfen würde.
Man sollte sich z.b. die Evolution der Pizza als Abfallprodukt des Brotbackens zum weltweit erfolgreichsten Gericht ansehen. Auch dieser Weg ist gepflastert von Ergänzungen und Änderungen. Zuletzt in Kombination mit Dönerfleisch vom Drehspießgrill.
Wer solche ernstlich multikulturellen Verquickungen mit einem erinnerungswürdigen Urlaub kreuzen möchte, sollte sich 2-3 Wochen Zeit für eine Reise nach Ísland nehmen.
https://www.zeit.de/2022/21/kulturelle-aneignung-essen-debatte-kueche
https://www.falstaff.com/de/news/inselbegabung-warum-isst-man-in-japan-so-viel-besser-als-im-rest-der-welt